MEIN ENDOWMENT IM MORMONENTEMPEL

 

von Richard Packham

(übersetzt von Manfred Trzoska)

 

Ich fühle mich irgendwie traurig: Ich habe nie den Film sehen können, sondern nur die Theaterversion.

Ich verließ die Kirche schon vor so langer Zeit, als noch niemand den Gedanken an die wundervolle Idee hatte, dass das heiligste Ritual ihrer Religion eine audio-visuelle Präsentation sein sollte. Ich meine, da waren große Geister am Werk, die wirklich mit Gott und der Heiligkeit usw. in Verbindung standen.

Ich erinnere mich daran, als ich Jahre später von meinen immer noch mormonischen Familienmitgliedern hörte, dass die Endowmentzeremonie jetzt als Film präsentiert werden soll und dass der Tempel – das Haus des Herrn – mit Filmleinwänden ausgestattet werden soll, dass ich laut auflachte. Ich dachte wirklich, dass sie mich auf den Arm nahmen!

Mein erstes Mal durch den Tempel (als ich „mein Endowment erhielt“, wie die Mormonen sagen) war am Tag als ich meine Liebste aus der Kindheit am 27. August 1952 im Idaho-Falls-Tempel heiratete. In jenen Tagen fand die ganze Sache an einem Tag statt: Waschung und Salbung, Endowment, Siegelung. Darüber hinaus gab es nichts, keine Filme und kein Popcorn, und keine „Tempelvorbereitungskurse“.

Es war sehr beeindruckend. Ich war ein wenig irritiert, weil das erste, was ich innerhalb des Eingangsbereichs sah, eine Registrierkasse war, die immer klingelte, wenn eine Zahlung für Leute getätigt war, die sich Tempelkleidung mieteten. Ich dachte sofort an die Geldwechsler im Tempel.

Die Waschungs- und Salbungszeremonie war sehr beeindruckend. Ich fragte mich, warum es an den Schränken Schlösser gab. Ich meine, dies ist der Tempel des Herrn, oder nicht?

Ich fragte mich, ob die Diener in der antiken Tempelzeremonie ebenfalls Krawatten tragen mussten.

Die Wandgemälde in den Räumen waren beeindruckend und schön. Ich fragte mich, wie sie das Flammende-Schwert-Ding in Salomons Tempel hinbekamen (es war in Idaho-Falls eine Neonlampe und man konnte das Klicken hören, wenn der Tempelarbeiter sie einschaltete).

Ich fragte mich, was passieren würde, wenn jemand tatsächlich sagen würde, dass er nicht mitmachen wollte und seine Hand hob. Es kam mir nie in den Sinn, es zu tun, ich meine, ich war dabei, verheiratet zu werden.

Während der ganzen Sache schaute ich ständig auf die andere Seite des Raumes hinüber, um meine Braut zu sehen. Sie sah irgendwie albern aus in dieser aufgetakelten weißen Brautrobe, umgeben von all diesen alten Damen in ihren rein weißen Kleidern, die diese grüne Schürze trugen.

Es war so feierlich, so beeindruckend. Ich meine, dies war die eigentliche Zeremonie, die Gott im Tempel Salomons eingesetzt und Gott in den letzten Tagen offenbart hatte! Aber was macht dieser protestantische Geistliche hier? War er im Tempel Salomons? Als jedermann einstimmte, dieses protestantische Lied zu singen, dachte ich, was ist denn hier los? Ich erinnerte mich nicht, jemals dieses Lied in der Kirche gehört zu haben, und hier singen sie es im Tempel? (Es war „We shall gather by the river [Wir werden uns am Fluss versammeln]“, denke ich).

Ich fragte mich, als sie sagten, dass man seine Hand heben sollte, wenn man den neuen Namen vergessen hätte, wie jemand darauf hoffen könnte, erlöst zu werden, wenn er so etwas Wichtiges schon vergessen hatte. Und wenn man seine Hand hob, wer könnte einem helfen? Wie sollte einer der Tempelarbeiter wissen, was Gott einem als geheimen Namen gegeben hatte?

Die geheimen Schlüsselwörter und Handgriffe und alles – wow! Ich meine, ich hätte solches Zeug erfunden, wenn ich einen geheimen Club unter den Kindern der Nachbarschaft gegründet hätte, aber dieses Zeug war GOTTES geheimer Club! Stark!

Die Sache mit dem Gebet war besonders eindrucksvoll, dachte ich, und auch überzeugend: Wer wäre so dreist und würde etwas wie „Pale Le Ale“ als die machtvollsten Worte erfinden, um Gott anzurufen? Es MUSSTE göttlich inspiriert sein!

Was mich wirklich überzeugte, war der „Name des zweiten Kennzeichens des Melchisedekischen Priestertums“ - er war so lang und kompliziert – wie sollte ich ihn behalten können, um ihn wiederzugeben? Aber ICH TAT ES! Es schien die natürlichste Sache der Welt zu sein! Ich hatte ihn gleich beim ersten Mal richtig, ohne irgendeine Hilfe von dem alten Tempelarbeiter, der neben mir bereit stand, um mir vorzusagen, der mir den Rücken tätschelte.

Direkt hinter mir stand meine Braut, die ich durch den Schleier brachte, und sie sagte mir ihren neuen Namen. Alles war so schön. Und wir gingen in den Siegelungsraum, und wurden gesiegelt und jeder kam herbei; lauter Lächeln und Händeschütteln.

An jenem Tag kam im celestialen Raum ein alter Freund der Familie, ein gläubiger Mormone, zu mir, um mir die Hand zu schütteln, und er fragte mich, was ich darüber dächte: War es nicht wundervoll? Natürlich sagte ich: Ja. Und dann sagte er: „O, in alter Zeit war es Angst einflößend! Das ganze Gerede vom Herausreißen deiner Zunge und dem Ausschütten deiner Eingeweide auf den Boden! Jetzt ist es viel netter!“ Ich erinnere mich, dass ich dachte: Aber wenn dies das „richtige, reine, unverdorbene“ Endowent ist, wie es vor Tausenden von Jahren von Gott eingesetzt wurde, wie konnte es sich geändert haben?

Später lernte ich, dass von den Anwärtern in der Version der Endowmentzeremonie, auf die sich mein alter Freund bezog, auch verlangt wurde, einen Eid der Rache gegenüber den Vereinigten Staaten auf sich zu nehmen, das Blut des Propheten Joseph Smiths zu rächen. Dies hätte sich kaum in Salomons Version befinden können und auch nicht in der Version von Gott an Joseph Smith.

Aber in jenen Tagen ging ich dieser Art von nicht Glaubens stärkenden Fragen nicht nach. Und außerdem war es mein Hochzeitstag.

Während meine Braut und ich in die Flitterwochen davonfuhren, sprachen wir über die Zeremonie. Ich musste ihr bekennen, dass ich mir nicht sicher war, ob ich sie wirklich richtig verstanden hatte, als sie mir ihren neuen Namen sagte. Ich dachte, sie sagte: „Nary“, was ich für einen ziemlich merkwürdigen Namen hielt, der nur für ein Satz wie „she said nary a word [sie sagte kein einziges Wort]!“ brauchbare wäre. Sie zögerte einen Moment und sagte mir, dass ihr neuer Name „Mary“ wäre.

Nun, ich schätze, es spielt keine Rolle. Ich werde sie nicht durch irgendwelche celestiale Schleier ziehen. (Sie ließ sich wenige Jahre später von mir scheiden. So viel zur „ewigen Ehe“!)

Mein Name ist Enoch, nach dem Mann, der ohne den Tod zu schmecken in den Himmel entrückt wurde!

 

Tempelarbeit

Dieses Kapitel wird später durch das gleichnamige Kapitel aus "Mormonismus - Schatten oder Wirklichkeit?" ersetzt
Der Tempel

Der Verfasser schildert seinen ersten Durchgang durch den Tempel. Hierbei werden der vollständige Endowmenttext aufgeführt und die Handlungen der damaligen Zeit (1974) beschrieben.
Tempelritual geändert

Dieser Artikel des Salt Lake City Messenger Nr. 75 schildert die großen Änderungen im Tempelendowment im April 1990 und beleuchtet die Hintergründe, die dazu geführt haben könnten.
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